Fallbeispiele

Hier finden Sie einige Fallbeispiele zu verschiedenen Stimmstörungen

Anamnese
Herr U., 49 Jahre alt, ist Lektor in einem großen Buchverlag. Seinen Job empfindet er als extrem stressig. Seit einigen Monaten leidet er unter regelmäßigen, unvorhersehbaren Luftnotattacken, manchmal aus dem Schlaf heraus auftretend, die ihn bei schweren Verläufen in Todesangst versetzen. Er hat eine Frau und 2 Kinder, die beim Miterleben der anfallsartigen Atemnot jedes Mal in Panik geraten. Die jüngst vom Hausarzt verschriebenen Asthmamedikamente bringen keine Linderung der Symptome und Herr U. fühlt sich seiner Erkrankung zunehmend hilflos ausgeliefert.
Befunde
Der Stimmklang ist etwas rau, die Videolaryngoskopie zeigt im hinteren Kehlkopfanteil minimale Anzeichen eines Magensäurereflux. Bei einer genauen Anamnese wird deutlich, dass die Einschränkungen der Atmung während der EINatmung und nicht während der Ausatemphase erlebt werden – dieses grenzt eine sogenannte VCD von einer Asthmaerkrankung, bei der vor allem die Ausatmung beeinträchtigt ist, ab. Herr U. hat eine deutlich eingerollte, nach innen gesackte Haltung und berichtet von starker körperlicher Verkrampfung während der Atemnot.
Empfehlung und Verlauf
Eine medikamentöse Therapie mit Magensäure-Blockern (Protonen-Pumpen-Inhibitoren) über 2 Monate wird empfohlen.
Bei einer logopädischen Blocktherapie über 4 Tage werden dem Patienten sowohl die physiologische Atmung als auch die Vorgänge während eines VCD-Anfalls anhand von Videoaufnahmen erklärt. Es wird explizit beruhigt, dass man an einer VCD nicht stirbt, wodurch dem Patienten und auch seiner Familie die Angst vorm Ersticken genommen und somit die Aufregung während eines Anfalls deutlich reduziert werden kann.
Herr U. erkennt die für ihn relevanten Zusammenhänge von Tonus, Atmung und Ernährung und seinem Umgang mit Stress. Er erlernt atemerleichternde Körperhaltungen und Atemübungen für den Akutfall sowie tonusregulierende und entspannende Übungsverfahren für den Alltag.
Erläuterung
Die Vocal Cord Dysfunction (VCD) ist eine Fehlfunktion der Stimmlippen (Stimmbänder), die zu plötzlich einsetzenden Luftnotattacken führt. Die entstehenden panikartigen Ängste können den Alltag der Patienten massiv einschränken. Viele Patienten können „Auslöser“ benennen. Häufig wird eine VCD mit Asthma bronchiale verwechselt, teilweise bestehen beide Störungsbilder aber auch parallel.
Typisch sind sehr plötzliche und mitunter extrem heftige Anfälle von Atemnot. Diese werden durch einen fast vollständigen Verschluss der Stimmlippen, meistens während der Einatmung, ausgelöst – ähnlich einem sogenannten Stimmbandkrampf. Diese Atemnot klingt ganz häufig spontan nach 1 bis 5 Minuten wieder ab.
Die Intensität der Anfälle variiert von „Durchatemschwierigkeit“ bis zur Erstickungsangst. Das Gefühl der Kehl- und Brustenge sowie der so genannte Stridor (lautes Atem- oder Pfeifgeräusch) bei der Einatmung sind weitere mögliche Symptome eines akuten Anfalls.

Anamnese
Frau W., 36 jährige Grundschullehrerin, alleinerziehend, zwei Kinder, seit 10 Jahren im Schuldienst, leidet immer wieder unter Erkältungen mit Heiserkeit, Stimmanstrengung und Stimmermüdung. Nach einem längeren Unterrichtstag verspürt sie ein Brennen und ein Trockenheitsgefühl im Hals und muss sich häufig räuspern. Dann würde sie am liebsten gar nicht mehr sprechen. Häufig flüstert sie zu Hause, um die Stimme zu schonen. An einem anstrengenden Tag bleibt ihre Stimme manchmal auch ganz weg. Mittlerweile hat sie Angst vor dauerhaftem Stimmversagen und Berufsunfähigkeit.

Befunde
Bei der Untersuchung ist ein angestrengter, resonanzarmer und gepresster Stimmklang zu hören und es sind deutliche Anspannungen der Halsmuskulatur sowie eine geringe Kieferöffnungsweite zu sehen. Mit der Videolaryngoskopie stellt sich ein unauffälliger Kehlkopfbefund dar ohne Anhalt für eine organische Veränderung. Bei der Beurteilung der Stimmlippenschwingungen mit der Stroboskopie zeigen sich verkürzte Amplituden und Randkantenverschiebungen.

Empfehlung und Verlauf
Es wird eine intensive logopädische Stimmtherapie empfohlen. Bereits nach wenigen Therapiestunden kommt es zu einer Verbesserung der Beschwerden. Nach insgesamt 20 Therapiestunden ist der Stimmklang resonant und tragend. Es kommt nicht mehr zum Stimmversagen und Frau W. kann auch eine längere Stimmbelastung ertragen, ohne dass Halsschmerzen auftreten.

Erläuterung
In diesem Fall hat eine unökonomische Stimmtechnik zu vermehrter Stimmanstrengung mit Stimmversagen geführt. Bei Stimmversagen mit Nicht-Ansprechen der Stimme erfolgt die Stimmgebung intuitiv mit mehr Druck, was zu vermehrter Stimmanstrengung mit stärkerer Anspannung der Muskulatur führt. Dies beeinträchtigt die Schwingungsfähigkeit der Stimmlippen und die Kieferöffnungsweite, was wiederum zu einer Verminderung der Resonanz führt – ein Teufelskreis. Mit Übungen zur Verbesserung der Resonanz, zur Lockerung der Muskulatur und zur ökonomischen Atemführung kann die stimmliche Leistungsfähigkeit verbessert werden.

Anamnese
Nach einer Schilddrüsenoperation vor 6 Monaten wegen einer gutartigen Veränderung der Schilddrüse hat sich die Stimme des 48 jährigen Herrn L. stark verändert. Er kann nur noch leise sprechen und auch das Husten ist ohne Kraft. Nach der Operation hatte Herr L. vorübergehend Schluckprobleme beim Trinken und verschluckte sich häufig. Bleibendes Problem ist die Stimmstörung, die für ihn die Ausübung seines Berufes als Pfarrer nahezu unmöglich macht. Weder die gleich nach der Operation erfolgte logopädische Therapie, noch die Therapie mit Elektrostimulation, noch der Einsatz von elektronischer Verstärkungstechnik führten zu einer ausreichenden Verbesserung der stimmlichen Leistungsfähigkeit.

Befunde
Der Stimmklang ist leise und verhaucht. Mit der Videolaryngoskopie stellt sich ein Stimmlippenstillstand links dar. Auch mit der Stroboskopie zeigt sich, dass die Stimmlippen bei Stimmgebung nicht vollständig zusammenkommen und ein Spalt zwischen den Stimmlippen bleibt.

Empfehlung und Verlauf
Es wird eine Operation zur Stimmverbesserung empfohlen: In ambulanter Kurznarkose wird eine Substanz in die gelähmte Stimmlippe gespritzt (Stimmlippen-Unterfütterung, Augmentation). Dadurch wird die gelähmte Stimmlippe zur Mitte verlagert und der Kontakt der Stimmlippen bei Stimmgebung verbessert. Anschließend ist eine laute, kräftige Stimmgebung möglich und Herr L. kann mit seiner “alten” Stimme seinem Beruf wieder ohne wesentliche Einschränkungen nachgehen.

Erläuterung
Bei einer Stimmlippenlähmung durch eine Schädigung des N. recurrens (“Rekurrensparese“) besteht zunächst die Hoffnung, dass sich der Nerv erholt und die Stimmlippen sich wieder normal bewegen können. Nach 6-12 Monaten sind die Aussichten auf eine spontane Verbesserung sehr gering. Wenn eine logopädische Therapie und eine Therapie mit Elektrostimulation nicht zur ausreichenden Stimmverbesserung führen, kann eine operative Behandlung empfohlen werden. Hier kommen verschiedene Operationstechniken in örtlicher Betäubung oder in Vollnarkose in Frage mit einer vorübergehenden oder einer dauerhaften Verlagerung der gelähmten Stimmlippe zur Mitte.

Anamnese
Frau B., 49 jährige selbstständige Unternehmensberaterin, hatte schon immer eine tiefe Stimme. Seit einigen Jahren hat sich das verstärkt und sie wird am Telefon häufig für einen Mann gehalten. Inzwischen leidet sie auch unter Stimmermüdung und häufigem Nicht-Ansprechen der Stimme. Zeitweise verspürt sie eine Einschränkung der Atmung und ein Engegefühl mit einem Atemgeräusch besonders beim Einatmen. Sie raucht seit dem 16. Lebensjahr, zur Zeit etwa 20 Zigaretten pro Tag.

Befunde
Bei der Untersuchung ist ein sehr tiefer und rauer Stimmklang zu hören. Mit der Videolaryngoskopie stellen sich deutlich ausgeprägte Reinkeödeme an beiden Stimmlippen dar, die bei Einatmung zur Mitte kommen und den Atemweg dadurch einengen. Der Schwingungsablauf der Stimmlippen bei der Stroboskopie ist unregelmäßig.

Empfehlung und Verlauf
Es wird eine Operation zur Abtragung der Ödeme in Vollnarkose empfohlen. Aufgrund der Größe der Ödeme kann bei der ersten Operation nur ein Teil der Ödeme entfernt werden. Bei der histologischen Untersuchung ergibt sich kein Anhalt für Veränderungen, die auf Vorstufen zu Kehlkopfkrebs hinweisen. Die Atmung ist nun frei und die Stimmgebung deutlich leichter. Dennoch entscheidet sich die Patientin zu der ihr empfohlenen 2. Operation. Nach diesem, 3 Monate später durchgeführten Eingriff ist der Stimmklang klarer und etwas heller und Frau B. hat keinerlei Stimmbeschwerden mehr.

Erläuterung
Reinkeödeme sind Verdickungen der Stimmlippen mit einer Einlagerung einer gallertigen oder flüssigen Substanz, meistens an beiden Stimmlippen. Betroffen sind besonders häufig Frauen, die älter als 30 Jahre sind und rauchen. In der Regel sind Reinkeödeme nicht bösartig und es handelt sich auch nicht um eine Vorstufe zu einer bösartigen Veränderung. Durch die Verdickung der Stimmlippen schwingen diese bei der Stimmgebung langsamer und unregelmäßiger, was die tiefe und raue Stimme erklärt. Wenn die Ödeme sehr groß sind, können sie auch den Kehlkopfeingang verengen und zu Atembeschwerden führen. Nach einer fachgerecht durchgeführten Abtragung der Ödeme verbessern sich Atmung und Stimmgebung. Die Stimme klingt dann nicht mehr so rau und angestrengt, sie wird meist etwas heller, aber der individuelle Stimmklang ändert sich in der Regel nicht wesentlich. Manchmal sind 2 oder mehr Operationen erforderlich.

Anamnese
Herr H., 39 jähriger Angestellter in einem Großhandel mit Stimmbelastung durch Telefonate und Kundengespräche, bemerkt seit 1-2 Jahren eine allmählich zunehmende Stimmveränderung mit leichter Heiserkeit und Stimmermüdung nach längeren Gesprächen. Da er seit 20 Jahren 20-40 Zigaretten pro Tag raucht, ist er besorgt, dass eine bösartige Veränderung am Kehlkopf vorliegen könnte. Bei der ersten Untersuchung vor 1 Jahr beim behandelnden HNO-Arzt waren keine Auffälligkeiten gesehen worden.

Befunde
Bei der Untersuchung klingt die Stimme nur leicht heiser. Mit der Videolaryngoskopie mit starker Vergrößerung sind auf beiden Stimmlippen oberflächliche Schleimhautveränderungen zu erkennen. Das für Papillome typische Aussehen stellt sich besonders gut bei der Nahaufnahme mit NBI-Technologie dar.

Empfehlung und Verlauf
Es wird eine Operation mit Abtragung der Papillome in Vollnarkose empfohlen. Bei der histologischen Untersuchung des entnommenen Gewebes werden Papillome vom HPV-Typ 6 nachgewiesen ohne Anhalt für Bösartigkeit. Nach der Operation hat Herr H. keine Stimmbeschwerden mehr. Er wird jedoch darüber informiert, dass mit einem erneuten Auftreten der Papillome gerechnet werden muss und in diesem Falle weitere Operationen notwendig würden. Als Alternative zur Operation in Vollnarkose könnte dann auch eine ambulante Operation in Sprühbetäubung in der Ambulanz mit dem neuen KTP-Laser erfolgen.

Erläuterung
Papillome am Kehlkopf sind besonders an den Stimmlippen zu finden und führen dann zu Heiserkeit. Sie entstehen in Zusammenhang mit einer Infektion mit HPV (Humanes Papillom Virus). Der Großteil der Bevölkerung ist infiziert, aber nur wenige erkranken (in Deutschland 3 von 100.000). Die Ursache dafür ist bisher nicht geklärt. Eine bösartige Entartung ist bei den am häufigsten auftretenden Virustypen (HPV Typ 6 und 11) sehr selten. Bei bestimmten Typen (high-risk Typen) kann es eher zur Entartung kommen. Bei der Papillomatose der Stimmlippen handelt es sich um eine Veränderung der oberflächlichen Schleimhaut. Daher sollte bei einer Operation nur diese oberflächliche Veränderung abgetragen werden, um bleibende Schäden durch eine Vernarbung zu vermeiden. In vielen Fällen kommt es über Jahre immer wieder zu einem erneuten Auftreten der Stimmlippenpapillome (rezidivierende Larynxpapillomatose) und weitere Operationen sind erforderlich. Manche Patienten müssen mehrmals im Jahr operiert werden.
Eine allgemein anerkannte und in Deutschland zugelassene kausale Behandlung gibt es bisher nicht. Eine Impfung mit einem Impfstoff gegen HPV ist ggf. empfehlenswert – Studien hierzu stehen noch aus. Seit einigen Jahren wird die mehrmalige Injektion mit einem Virustatikum in die Läsionen empfohlen. Dies scheint bei manchen Patienten zu einer geringeren Rezidivrate zu führen – auch hier liegen noch keine ausreichenden Studien vor und in Deutschland ist das Medikament für die Behandlung der Larynxpapillomatose bisher nicht zugelassen. Wir haben damit bereits gute Erfolge erzielen können.

Anamnese
Die 25 jährige Frau K. arbeitet seit 4 Jahren als Erzieherin in einem Kindergarten. Sie liebt ihren Beruf, der gut zu ihrem Temperament passt, denn sie redet und erzählt gerne und kann sehr gut mit kleinen Kindern umgehen. Ihre Stimme war schon als Kind etwas rau, was sie aber bisher nicht gestört hatte. Seit einiger Zeit verspürt sie jedoch eine verstärkte Stimmanstrengung und Stimmermüdung. Singen strengt sie sehr an und das Singen hoher Töne ist kaum noch möglich.

Befunde
Bei der Untersuchung ist ein leicht heiserer und behauchter Stimmklang zu hören, die Sprechstimme ist relativ laut. Mit der Videolaryngoskopie ist im mittleren Bereich an beiden Stimmlippen eine ausgeprägte Epithelverdickung (sog. Knötchen) zu erkennen. Die Stimmlippen können sich bei Stimmgebung nicht komplett aneinanderlegen. Bei der Stroboskopie zeigt sich ein persistierender Glottisspalt, hier in Form einer sog. Sanduhrglottis.

Empfehlung und Verlauf
Es wird zunächst eine logopädische Stimmtherapie zur Verbesserung der Stimmtechnik empfohlen. Nach einigen Stunden logopädischer Therapie erfolgt die operative Abtragung der Epithelverdickung (‚Knötchen’) beidseits. Nach der Operation ist der Stimmklang klar, auch bei hohen leisen Tönen. Um das erneute Auftreten der Epithelverdickung zu vermeiden, erfolgt nach der Operation nochmals eine logopädische Stimmtherapie.

Erläuterung
Stimmlippenknötchen sind Epithelverdickungen an den Stimmlippen, vergleichbar mit Hornhautschwielen an der Hand beispielsweise nach Gartenarbeit. Sie entstehen bei einer Überlastung der Stimmlippen mit ungünstiger Stimmtechnik im mittleren Bereich der Stimmlippen, meistens beidseits und annähernd symmetrisch. Am häufigsten treten Stimmlippenknötchen bei Kindern auf (sog. “Schreiknötchen”) und bilden sich nach der Pubertät häufig von selber zurück. Auch bei jungen Frauen mit vermehrter Stimmbelastung sind Stimmlippenknötchen oft zu finden. Als Behandlung ist eine Stimmtherapie zur Verbesserung der Stimmtechnik zu empfehlen. In einigen Fällen ist das jedoch nicht ausreichend und die Epithelverdickungen müssen abgetragen werden, wenn eine klare und belastbare Stimme gewünscht wird.

Anamnese
Frau P., 33jährige Verkäuferin in einer Drogerie, leidet unter akut aufgetretenen Halsschmerzen in Ruhe, beim Schlucken und beim Sprechen. Die Stimme ist tiefer als sonst und rau. Manchmal kommt beim Sprechen gar kein Ton. Da ihr Vater an Kehlkopfkrebs erkrankt ist, ist sie sehr besorgt wegen der Heiserkeit. Als sich die Beschwerden nach 10 Tagen nicht gebessert haben, sucht sie einen Phoniater auf.

Befunde
Bei der Untersuchung ist ein stark heiserer Stimmklang zu hören. Die Videolaryngoskopie zeigt insgesamt gerötete Schleimhäute, beide Stimmlippen sind verdickt und gerötet. Die Schwingungsfähigkeit der Stimmlippen ist stark eingeschränkt.

Empfehlung und Verlauf
Es wird Stimmruhe empfohlen bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr. Aufgrund der ausgeprägten Entzündungszeichen werden Antibiotika verordnet und Schmerztabletten bei stärkeren Schmerzen. Damit Frau P. die Stimmruhe einhalten kann, erfolgt eine Krankschreibung. Nach einer Woche sind die Beschwerden rückläufig, die Stimme ist nur noch leicht heiser und Frau P. kann ihre Arbeit wieder aufnehmen. Nach weiteren 2 Wochen bestehen keinerlei Beschwerden mehr und die Stimme hat sich vollständig normalisiert.

Erläuterung
Eine akute Kehlkopfentzündung (akute Laryngitis) beginnt meist als virale Entzündung, aber bakterielle Superinfektionen sind möglich. In ungünstigen Fällen kann eine zu starke Stimmbelastung in der akuten Phase der Entzündung zu bleibenden Schäden führen. Deshalb wird Stimmschonung oder Stimmruhe empfohlen. Bis zur vollständigen Erholung der Stimme kann es mehrere Wochen dauern. Normalerweise kommt es zu einer vollständigen Heilung ohne bleibende Veränderungen.

Anamnese
Herr E., ein 78jähriger Rentner, bemerkt seit einigen Wochen eine leichte Heiserkeit. Er hat keine Schmerzen und auch sonst keine Beschwerden, macht sich aber über die möglichen Ursachen Sorgen, denn er weiß, dass er als starker Raucher ein erhöhtes Risiko für Kehlkopfkrebs hat.

Befunde
Der Stimmklang ist kräftig und resonant, jedoch leicht belegt. Die Videolaryngoskopie zeigt eine kleine, scharf begrenzte weißliche Auflagerung auf der linken Stimmlippe, die nicht abgehustet werden kann. Bei einer Kontrolluntersuchung 2 Wochen später ist diese Veränderung weiterhin zu sehen und kann mit NBI-Technologie noch deutlicher dargestellt werden.

Empfehlung und Verlauf
Es wird eine Narkoseuntersuchung mit Abtragung der weißlichen Veränderung empfohlen. Herrn E. wird erklärt, dass es bei der Operation darum geht, eine bösartige Veränderung auszuschließen, und dass sich die Stimme durch die Operation möglicherweise verschlechtern kann. Bei der histologischen Untersuchung des entnommenen Gewebes werden mittelgradige Dysplasien, also Veränderungen der Epithelzellen, gefunden. Es handelt sich dabei nicht um Krebs, jedoch um eine mögliche Vorstufe. Die erfolgte Operation ist also zunächst ausreichend, Herr E. wird jedoch informiert, dass regelmäßige Kontrollen erforderlich sind.

Erläuterung
Leukoplakie” ist der medizinische Ausdruck für “weißer Fleck”. Erst mit einer histologischen Untersuchung kann gesehen werden, ob es sich hier um bösartige Veränderungen handelt, um mögliche Vorstufen dazu oder beispielsweise um eine harmlose lokale Entzündung. Die Veränderung auf der Stimmlippe führt sehr schnell zu einer Heiserkeit. Deshalb wird Krebs an den Stimmlippen in der Regel früh erkannt und hat gute Heilungsaussichten. Bei Herrn E. konnte die Leukoplakie vollständig entfernt werden, ohne dass es zu einer Verschlechterung der Stimme kam. Bei der histologischen Untersuchung wurden bösartige Veränderungen ausgeschlossen und eine nochmalige Operation oder eine anderweitige Behandlung sind zunächst nicht indiziert. Regelmäßige Verlaufskontrollen und ggf. nochmalige Operationen sind jedoch erforderlich.

Anamnese
Herr S., 41 Jahre alt, ist erfolgreicher Opernsänger in einem größeren deutschen Opernhaus. Er hatte bisher nie Stimmprobleme, seit 4 Monaten jedoch ist in bestimmten Tonlagen eine Rauigkeit zu hören und manchmal bricht die Stimme weg.

Befunde
Der Stimmklang ist klar und resonant, beim Singen höherer Töne jedoch rau. Die Videolaryngoskopie zeigt am freien Rand der rechten Stimmlippe eine polypöse weiche Schleimhautverdickung. Besonders bei Stimmgebung mit höheren Tönen ist der Stimmlippenschluss gestört und der Schwingungsablauf unregelmäßig.

Empfehlung und Verlauf
Es wird eine Narkoseuntersuchung mit Abtragung des Stimmlippenpolypen empfohlen. Der Polyp kann mikrochirurgisch problemlos entfernt werden und bei der Narkoseuntersuchung zeigen sich keine weiteren Stimmlippenveränderungen. Nach einigen Tagen Stimmschonung kann Herr S. die Stimme allmählich wieder belasten und nach 3 Wochen wieder normal einsetzen. Er verspürt keinerlei stimmliche Einschränkungen mehr.

Erläuterung
Ein Stimmlippenpolyp ist eine lokalisierte Verdickung des Stimmlippenepithels und tritt manchmal nach starker Stimmbelastung auf, häufiger jedoch ohne erkennbare Ursache. Zu Beschwerden kommt es, wenn der Polyp den Schluss zwischen den Stimmlippen und damit auch den Schwingungsablauf behindert. Die Veränderung ist harmlos, aber bei Störung der Stimme und entsprechendem Leidensdruck ist eine operative Behandlung zu empfehlen.

Anamnese
Frau B., 69 Jahre alt, ist pensioniert und lebt nach dem Tod ihres Mannes allein. Sie kann nicht genau angeben, seit wann ihre Stimme ihr Sorgen macht, während der Erwerbstätigkeit als Lehrerin habe sie aber keine Stimmbeschwerden gehabt. Nun merke sie, dass die Stimme nicht mehr gut anspringe, krächzend und wenig belastbar sei, und Sprechen sie schon nach kurzer Zeit anstrenge. Ihrer Leidenschaft, dem Singen, könne sie nicht mehr nachgehen, da sie die Töne nicht mehr treffe, was ihr auch wegen des sozialen Umgangs sehr fehle.
Befunde
Der Stimmklang ist rau und manchmal etwas brüchig. Das Stimmfeld ist klein, zu erkennen ist das Fehlen der lauten, aber auch der sehr leisen Bereiche und ein Bruch im Registerwechsel. Die Tonhaltedauer ist herabgesetzt. Die Videolaryngoskopie zeigt dünne Stimmlippen mit wenig Volumen. Bei der Stroboskopie ist ein offen bleibender Spalt während der Stimmgebung zu sehen, da sich die Stimmlippen bei der Stimmgebung nicht mehr mit ausreichend großem Druck aneinanderlegen können.
Empfehlung und Verlauf
Ein operativer Eingriff zur Stimmlippenunterfütterung wird von der Patientin vorerst nicht gewünscht, daher wird eine logopädische Therapie zur Stimmkräftigung eingeleitet. Durch gezielte Übungen wird die Stimmlippenmasse wieder aufgebaut, sodass der Schluss sich deutlich verbessern kann. Eine verbesserte Atemregulierung unterstützt den für eine optimale Phonation notwendigen Atemdruck. Fehlspannungen, die durch die vermehrte Anstrengung beim Sprechen entstanden sind, werden wieder abgebaut, um physiologisches, anstrengungsfreies Singen und Sprechen zu ermöglichen. Die klare Empfehlung lautet: Stimme viel nutzen, unter dem Motto „use it or lose it“.
Erläuterung
Bei der sogenannten Altersstimme sind die Stimmlippen dünner und haben wenig Volumen. Deshalb legen sie sich bei der Stimmgebung nicht mit ausreichend großem Druck aneinander und es kommt zu einer Stimmveränderung mit Heiserkeit, reduzierter Intonations- und Lautstärkefähigkeit sowie Stimmanstrengung. Im englischen wird das Vocal Fold Bowing (oder ebenso auch Vocalis atrophy) genannt: die Stimmlippen schließen nicht mehr richtig und lassen in der Mitte einen Spalt offen.
Obwohl diese Veränderungen häufig im Alter auftreten („Presbylarynx“: Alterskehlkopf), sind durchaus auch jüngere Menschen betroffen. Daher bevorzugen wir den Ausdruck „Vocal Fold Bowing“ oder ‚Volumenmangel der Stimmlippen’., synonym aber auch Vokalisatrophie.  Weibliche Stimmen werden tendenziell tiefer, männliche höher und können sich im Alter bis in den Bereich der Fistelstimme verschieben. Als ursächlich ist vermutlich die Konstitution bzw. eine Disposition anzusehen. In manchen Fällen lassen sich eine Vernarbung oder ein Sulcus finden.

Anamnese
Die 54 jährige Frau R. arbeitet seit 20 Jahren in einer Kanzlei als Notarin. Seit mehreren Monaten strengt längeres Sprechen sie sehr an, sie hat dabei das Gefühl als ob ihr jemand den Hals zuschnüre, und die Stimme klingt stark gepresst, stockend und angestrengt. Besonders beim Vorlesen von Verträgen ist dies extrem belastend.

Befunde
Bei der Untersuchung ist der Stimmklang sehr gepresst, der Sprechfluss stockend. Die Lautstärkesteigerung ist sehr eingeschränkt. Mit der Videolaryngoskopie stellt sich ein unauffälliger morphologischer Kehlkopfbefund dar. Die Stroboskopie ist kaum möglich wegen des starken Pressens bei der Stimmgebung.

Empfehlung und Verlauf
Aufgrund des dafür typischen Stimmklanges wird die Diagnose einer spasmodischen Dysphonie gestellt und eine Behandlung mit Btx empfohlen. Es erfolgt eine Injektion in die Stimmlippen von außen im Liegen mit Kontrolle durch ein EMG. 2 Tage nach der Injektion merkt Frau R. dass die Stimme leichter anspricht und dann für einige Tage verhaucht klingt. In den ersten Tagen nach der Injektion verschluckt sie sich auch gelegentlich. In den folgenden Wochen kann sie ohne die zuvor bestehende Anstrengung sprechen bis dann nach etwa 3 Monaten die Stimme wieder zunehmend gepresst klingt und die Stimmanstrengung wieder zunimmt. Nach einer erneuten Injektion verbessern sich die Stimmbeschwerden wieder.

Erläuterung
Die spasmodische Dysphonie gehört zu den sog. Fokalen Dystonien und ist eine neurologische Erkrankung, deren Ursache bisher nicht geklärt ist. Eine Störung der Regulation der unbewussten Motorik im Zentralen Nervensystem führt dazu, dass die Nerven, die die Stimmlippenbewegung steuern, zu stark erregt werden und die entsprechende Muskelbewegung mit zu großer Kraft erfolgt. Dies kann die Nerven und Muskeln betreffen, die den Stimmlippenschluss (sog. Adduktor-Typ) oder die, die die Stimmlippenöffnung (sog. Abduktor-Typ) herbeiführen. Die Unterscheidung zwischen den beiden Typen erfolgt durch die Beurteilung des Stimmklanges. Eine kausale Therapie gibt es bisher nicht. Bei der Injektion von Btx in die zu stark arbeitenden schließenden bzw. öffnenden Muskeln wird deren Kraft vorübergehend vermindert wie bei einer Lähmung. Dieser Effekt ist nur vorübergehend und die Injektion muss nach Abklingen der Wirkung wiederholt werden.

Anamnese
Der 50 jährige Herr M. ist Polizist. Er bemerkt schon seit einigen Jahren ein Fremdkörpergefühl und das Gefühl der Stimmanstrengung und Verspannung im Hals besonders nach längerer Stimmbelastung. Seit einigen Jahren leidet er auch unter Sodbrennen und einer nächtlichen schlafbezogenen Atemstörung mit Schnarchen und Atemaussetzern. Er ist Nichtraucher, macht sich aber trotzdem Sorgen, ob er Kehlkopfkrebs haben könnte.

Befunde
Der Stimmklang ist resonant, etwas “knödelnd”, die mittlere Sprechstimmlage ist deutlich tiefer als normal. Die Videolaryngoskopie zeigt im hinteren Anteil der linken Stimmlippe im Bereich des knorpeligen Anteils eine Verdickung, die das typische Aussehen eines Kontaktgranuloms hat. An der gegenüberliegenden Seite ist ebenfalls eine leichte Verdickung zu sehen. Der vordere, schwingende Bereich der Stimmlippen ist glatt und reizlos und die Stroboskopie ergibt einen unauffälligen Befund. Im hinteren Kehlkopfanteil finden sich außerdem Anzeichen eines Magensäurereflux.

Empfehlung und Verlauf
Es wird eine medikamentöse Therapie mit Magensäure-Blockern (Protonen-Pumpen-Inhibitoren) über 2 Monate empfohlen mit anschließender Kontrolle-Endoskopie sowie eine Vorstellung im Schlaflabor. Bei der Untersuchung im Schlaflabor zeigen sich keine schwerwiegenden Auffälligkeiten, es wird jedoch eine Gewichtsreduktion empfohlen. Da Herr M. auch unter der Stimmanstrengung leidet, wird zusätzlich eine logopädische Therapie eingeleitet. Bei der Kontrolle nach 2 Monaten berichtet er, dass sich das Sodbrennen und das Gefühl der Verspannung im Hals deutlich gebessert haben. Seine Stimme klingt weniger knödelnd, und die mittlere Sprechstimmlage ist fast normal. Der laryngoskopische Befund zeigt eine Verkleinerung des Kontaktgranuloms. Es werden die Fortführung der Therapie sowie eine erneute Kontrolle empfohlen.

Erläuterung
Ein Kontaktgranulom ist eine gutartige Gewebsvermehrung an dem Bereich der Stimmlippe, an dem sie mit dem Stellknorpel verbunden und besonders verletzlich ist. Mögliche Ursachen für die Entstehung eines Kontaktgranuloms sind Rückfluss von Magensäure sowie mechanische Faktoren mit zu hartem Stimmeinsatz und zu tiefer Sprechstimmlage. Aufgrund der bei Frauen und Männern unterschiedlich gebauten Kehlköpfe entsteht ein Kontaktgranulom fast nur bei Männern, denn bei deren Kehlkopfkonfiguration kommt es eher zu einem festen Anpressen der Stellknorpel (Processus vocalis). Häufig wird den Patienten die operative Entfernung zum Ausschluss einer bösartigen Veränderung empfohlen. Danach kommt es fast immer zu einem Rezidiv, also einem Wiederauftreten des Kontaktgranuloms, wenn nicht die Ursache der Entstehung mitbehandelt wird.