Intubationsstimmstörung

Intubationstrauma, Intubationsschaden

Intubationsstimmstörung – Was ist das?

Eine Intubationsstimmstörung (auch „Intubationstrauma“) bezeichnet Stimmprobleme nach einer Vollnarkose mit Beatmungsschlauch (Endotrachealtubus). Beim Einführen, Liegen oder Entfernen des Tubus können Kehlkopf und Stimmlippen gereizt oder verletzt werden. Häufig ist die Heiserkeit nur vorübergehend; hält sie an oder tritt erst Wochen nach der OP auf, sollte sie abgeklärt werden.

Wie häufig ist das?

Leichte Beschwerden (Halsweh, Heiserkeit, Husten, Schluckstörungen) kommen nach Intubation relativ häufig vor und klingen meistens innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen ab. Echte Verletzungen der Stimmlippen sind seltener (≈ 0,1–0,2 %), nehmen aber bei längerer Beatmung deutlich zu.

Prof. Hess erklärt wie es zu einem Intubationstrauma kommt und was man dagegen tun kann.

Ursachen & typische Befunde

Direkte Reizung/Schwellung der Schleimhaut, Einblutungen, oberflächliche Entzündungen oder Druckstellen können unmittelbar nach der Narkose Heiserkeit verursachen. Als verzögerte Folge (Tage bis Wochen) können Kontakt-/Intubationsgranulome am Processus vocalis entstehen – Verdickungen im hinteren Kehlkopf, die Heiserkeit, Räusperzwang oder Fremdkörpergefühl machen. Bei längerer/traumatischer Intubation kann sich selten eine hintere Kehlkopfvernarbung („posterior glottic stenosis“) entwickeln.

Warum häufiger bei Frauen? Frauen haben im Mittel einen kleineren Kehlkopf; ein relativ großer Tubus kann dann eher Druckschäden verursachen. Auch Dauer der Intubation, schwierige Lagerung, wiederholte Intubationsversuche, hoher Manschettendruck und Reflux erhöhen das Risiko.

Verletzungen an der Stimmlippe durch eine Intubation
Intubationsstimmstörung

Symptome – wann abklären?

Unmittelbar nach der OP: Heiserkeit, rauer Klang, Halskratzen, Schmerzen beim Schlucken – meist vorübergehend.
Später (Tage–Wochen): anhaltende Heiserkeit, Druck-/Kloßgefühl, Räusperzwang, Stimmabbrüche; bei Granulom meist Beginn erst nach einigen Wochen. Warnzeichen: Atemnot/Stridor, Blutbeimengungen, deutliche Schluckstörung, Heiserkeit > 3–4 Wochen.

Diagnose

Entscheidend ist die Kehlkopfspiegelung (flexible Videoendoskopie, ideal mit Stroboskopie). Sie zeigt Schwellungen, Kontaktstellen, Granulome oder Vernarbungen und hilft, die richtige Therapie zu wählen. Die Hoarseness-Leitlinie empfiehlt: nicht „blind“ mit Kortison/Antibiotika beginnen – erst schauen, dann behandeln. aao-hnsfjournals.onlinelibrary.wiley.com

 

Behandlung – zielgerichtet und stufenweise

1) Frühphase (meist binnen Tagen ausheilend):
Schonung statt Flüstern, gute Hydrierung, Reizkarenz (Rauchen/Staub), Schmerz-/Hustenlinderung nach Bedarf. Bei persistierender Heiserkeit zeitnahe HNO-Kontrolle.

2) Intubationsgranulom (hintere Stimmlippe):
Zuerst konservativ: Stimmtherapie, Anti-Reflux-Maßnahmen (ggf. PPI) und inhalative Steroide – damit verschwinden viele Granulome ohne OP. Bei Rückfall/Resistenz kann Botulinumtoxin (in ausgewählten Muskeln) oder gewebeschonende Abtragung erwogen werden.

3) Hintere Kehlkopfstenose (selten, nach längerer Intubation):
Endoskopische Narbenlösung und Schienung/Lasereingriffe in spezialisierten Zentren; Ziel ist ein freier Stimmlippenspalt und belastbare Stimme/Atmung. ijhns.comSAGE Journals

Verlauf & Prognose

Die meisten postoperativen Heiserkeiten sind mild und klingen innerhalb von 12–72 Stunden ab. Granulome entwickeln sich typischerweise verzögert und brauchen Zeit; unter konservativer Therapie ist die Rückbildungsrate gut, Rückfälle sind möglich. Vernarbungen erfordern eine spezialisierte Behandlung, können aber deutlich gebessert werden.

Kurz zusammengefasst

Heiserkeit nach Intubation ist häufig und meist vorübergehend. Bleibt die Störung bestehen oder startet sie erst Wochen nach der OP, kommen Granulome oder – selten – Vernarbungen in Frage. Frühe Kehlkopfsicht und eine stufenweise, konservative Therapie (Stimmtherapie + Reflux-Management ± inhalative Steroide) sind oft erfolgreich; Botulinumtoxin oder schonende Chirurgie sind Reserven.