Rekurrensparese

Recurrensparese, Stimmbandlähmung, Stimmlippenlähmung, Stimmlippenstillstand

Was ist eine Rekurrensparese?
Rekurrensparese – die Diagnostik
Stimmtherapie oder Augmentation?
Was ist eine Thyroplastik?
Verhalten nach der Operation

Rekurrensparese – Was ist das?

Rund 10.000-mal pro Jahr wird in Deutschland die Diagnose Rekurrensparese gestellt.  Eine Rekurrensparese (auch Stimmlippenlähmung, Kehlkopflähmung, Parese, Stimmlippenstillstand, Stimmlippenminderbeweglichkeit genannt) ist eine Schädigung des Kehlkopfnerven (Nervus recurrens) und führt zu einer Lähmung der Stimmlippe. Ursachen der Stimmbandlähmung sind oft Operationen oder Erkrankungen am Hals oder im oberen Thorax (also an Schilddrüse, Halsschlagader, Halswirbelsäule, Herz, Lunge, Lymphknotenvergrößerungen aber auch Metastasen). Häufig gibt es aber auch keine erkennbare Ursache. Als Folge ist die Bewegung der Stimmlippe der betroffenen Seite gestört und die Stimmlippen schließen nicht mehr richtig.

Symptome einseitige / beidseitige Rekurrensparese

Die Symptome einer einseitigen Rekurrensparese unterscheidet sich ganz grundlegend von dem einer beidseitigen Parese:
Das klinische Bild einer einseitigen Recurrensparese ergibt sich durch die Einschränkung des Glottisschlusses, kann aber sehr variabel sein. Im Vordergrund steht meist die Veränderung des Stimmklanges, der sehr oft bereits einen Hinweis auf eine Parese gibt. Er ist im typischen Fall behaucht oder rau, bei manchen Patienten diplophon, oder sogar aphon. Bei vielen Patienten ist die Sprechstimmlage deutlich erhöht, wenn dadurch ein verbesserter Glottisschluss erreicht wird. Hat sich bereits eine supraglottische Phonation als Kompensationsmechanismus eingestellt, klingt die Stimme tief und rau entsprechend einer Taschenfaltenstimme. Bei den meisten Patienten ist die Tonhaltedauer verkürzt (<10 Sekunden) und die Möglichkeit der Lautstärkesteigerung eingeschränkt. In diesem Spektrum gibt es aber durchaus auch Patienten, die einen völlig unauffälligen Stimmklang haben und höchstens über eine eingeschränkte stimmliche Belastbarkeit klagen.
Häufig kommt es auch zu einer Schluckstörung mit Verschlucken. Bei einer einseitigen Lähmung steht die Heiserkeit im Vordergrund, bei einer beidseitigen Lähmung kommt es häufig zu Atemproblemen.

Alle Symptome einer einseitigen Rekurrensparese können mit einer „Unterfütterung“ der gelähmten Stimmlippe in der Regel gut behandelt werden.

Gertraud B. berichtet über ihre Behandlung
Erfahrungsbericht von J.Z.
Erfahrungsbericht von W.A.
Erfahrungsbericht Martina M.
Erfahrungsbericht von P. O.
Erfahrungsbericht Patientin H. G.
Erfahrungsbericht Patientin N.R.
Erfahrungsbericht Patient D.K. (English)
Erfahrungsbericht Patientin C.P.
Erfahrungsbericht von A.Z.

Therapie der Rekurrensparese

Das MEDICAL VOICE CENTER ist Spezialist für die Behandlung der Stimmbandlähmung. Das gilt sowohl für die konservative, als auch für die stimmchirurgische Therapie der Stimmbandlähmung.
Unabhängig von der Genese einer einseitigen Minder- oder Nichtbeweglichkeit einer Stimmlippe steht bei der Therapie die Verbesserung des Glottisschlusses im Vordergrund. Dies kann durch eine Stimmübungsbehandlung mit stimmkräftigenden Übungen oder durch operative Maßnahmen erfolgen. Auch eine gezielte Elektrostimulationstherapie durch Reizstromtherapie ist möglich, allerdings fehlen hierzu evidenzbasierte Belege. Die Ursache der Parese wirkt sich ebenfalls auf die Wahl der stimmverbessernden Maßnahmen aus – dabei spielen die Prognose der Grunderkrankung und der Allgemeinzustand des Patienten eine wichtige Rolle. Als Therapieziel steht zwar in den meisten Fällen ein (annähernd) normale Sprechstimmfunktion im Vordergrund, aber eine oft noch wichtigere Indikation zur Operation ist die Dysphagie, die sich durch die Verbesserung des Glottisschlusses bei den meisten Patienten sehr deutlich verbessert. Die kann unter Umständen auch bei Begründungen für die Kostenträger von Bedeutung sein.

Operative Therapie: Augmentation

Die Augmentation eignet sich hervorragend sowohl für eine sofortige Hilfe, wenn konservative Maßnahmen nicht zu einer ausreichenden Stimmverbesserung führen, als auch langfristig zur dauerhaften Stimmlippen-Medialisierung. Früher wurde empfohlen, nach Auftreten der Parese 6 oder sogar 12 Monate zu warten, bis sich zeigt, ob es zu einer Erholung der Nervenfunktion kommt. Inzwischen ist durch Studien belegt, dass eine frühzeitige Medialisierung, ggf. schon nach wenigen Tagen oder Wochen zu besseren funktionellen Langzeitergebnissen führt. Ein bewährtes Verfahren, um die Folgen der einseitigen Rekurrensparese zu therapieren, ist die Stimmlippen-Augmentation (“Unterfütterung”). Die Weiterentwicklung der Implantate und Operationstechniken eröffnete immer wieder neue Möglichkeiten.  Neben der stimmchirurgischen Behandlung zur Stimmverbesserung, die wir deutschlandweit am häufigsten durchführen, ist eine Stimmtherapie zu empfehlen – und bei Vorliegen einer Schluckstörung zusätzlich eine Schlucktherapie.

Stimmlippen-Augmentation bei Rekurrensparese  – was ist das?

Ein schon seit über 100 Jahren bekanntes Verfahren ist die sog. Stimmlippen-Unterfütterung oder Stimmlippen-Augmentation. In ambulanter Kurznarkose wird eine Substanz in die gelähmte Stimmlippe gespritzt. Dadurch wird die gelähmte Stimmlippe zur Mitte verlagert und der Kontakt der Stimmlippen bei Stimmgebung verbessert. Anschließend ist sofort eine laute, kräftige Stimmgebung möglich.

Implantate für die Augmentation

Es stehen gut verträgliche Substanzen zur Verfügung, die sich u.a. in der Viskosität und Härte sowie in der Resorbierbarkeit unterscheiden. Häufig genutzte Substanzen sind u.a. Hyaluronsäure in unterschiedlichen Viskositätsgraden (z.B. Restylane®), Calcium-Hydroxylapatit (z.B. Renu Voice®, Prolaryn®Plus, Radiesse Voice®), flüssiges Silikon (z.B. Vox-Implants®) und körpereigenes Fett.

Stimmbandlähmung
Stimmbandlähmung
Stimmlippenstellung vor der Behandlung
Rekurrensparese nach Augmentation
Glottisschluss nach Augmentation
Stimmlippenstellung nach der Behandlung

Augmentation über Mikrolaryngoskopie in Vollnarkose

Die präziseste Platzierung des Fillers gelingt über eine Mikrolaryngoskopie in Vollnarkose. Dieses Verfahren wählen wir routinemäßig, besonders aber bei Patienten unter Antikoagulanzientherapie, bei der Anwendung nicht-resorbierbarer Implantate, um die Substanz sehr präzise einbringen und die Stimmlippenkontur „modellieren“ zu können, sowie bei der Augmentation mit körpereigenem Fett.

Augmentation in Lokalanästhesie („office-based surgery“)

Eine Stimmlippenaugmentation am wachen Patienten ist ein medizinischer Eingriff, der zur Verbesserung der Stimme durchgeführt wird. Bei diesem Verfahren werden die Stimmlippen, die sich im Kehlkopf befinden und für die Stimmgebung verantwortlich sind, verstärkt oder aufgebaut. Dies geschieht in der Regel bei Patienten, die unter einer schwachen oder hauchigen Stimme leiden, oft aufgrund von altersbedingten Veränderungen, Lähmungen oder anderen Beeinträchtigungen der Stimmlippen.
Bei der Durchführung am wachen Patienten bleibt dieser während des Eingriffs bei Bewusstsein. Lokalanästhetika werden verwendet, um den Bereich zu betäuben und Unbehagen zu minimieren. Der Arzt führt dann eine spezielle feine Kanüle durch den Mund oder von außen durch den Hals des Patienten ein, um einen Filler (z.B. Hyaluronsäure oder anderes biokompatibles Material) direkt in die Stimmlippen zu injizieren. Dieser Filler hilft, die Stimmlippen zu verdicken oder zu stützen, was zu einer verbesserten Stimmqualität führt (syn. Unterfütterung, Unterspritzung, Augmentation).
Der Eingriff wird ambulant durchgeführt und die Patienten können in der Regel kurz nach dem Eingriff nach Hause gehen. Die Stimmlippenaugmentation am wachen Patienten bietet den Vorteil, dass der Arzt während des Eingriffs direkt Feedback zur Stimme des Patienten erhalten und entsprechend Anpassungen vornehmen kann.

Prof. Hess und eine Patientin berichtet über den Eingriff in lokaler Betäubung

‘Probefahrt’ – Augmentation mit einem resorbierbaren Material

Ist eine Parese frisch aufgetreten und eine spontane Erholung zu erhoffen, kommen zunächst schnell resorbierbare Substanzen in Frage (Auflösung wählbar innerhalb von Wochen bis Monate). Eine Stimmlippen-Augmentation kann dann auch als „Probefahrt“ (engl.: „trial injection“) mit einer resorbierbaren Substanz angesehen werden. Dabei hat der Patient die Möglichkeit, für eine begrenzte Zeit zu testen, wie gut er damit zurechtkommt, bevor er sich ggf. für eine dauerhafte Augmentation entscheidet. Wenn die Parese schon länger besteht oder wenn bekannt ist, dass der Nerv dauerhaft geschädigt wurde – etwa, wenn er nach Angaben des Chirurgen bei einer Tumoroperation mitreseziert („geopfert“) werden musste, dann kann u.U. gleich eine dauerhaft wirksame Augmentation durchgeführt werden. In den meisten Fällen ist diese Operation ambulant möglich. Wir haben nach weit mehr als 1000 ambulanten Augmentationen noch keine schwerwiegenden Komplikationen gesehen, egal welches Präparat zur Unterfütterung verwendet wurde.

Operative Therapie: Thyroplastik

Die „klassische Thyroplastik“ hat trotz des höheren Aufwandes nach wie vor ihre Berechtigung. Die Optimierung wird durch die individuelle Adaptation an die jeweilige Larynxform, individuell variierende Schildknorpelwinkel und die Einbeziehung des Processus vocalis in die Medialisierung erreicht. Die Indikation wird in der Regel erst 6-12 Monate nach Auftreten der Parese gestellt, da der Eingriff deutlich aufwändiger als eine Augmentation ist und man daher eine mögliche Wiederkehr der Nervenfunktion abwarten möchte. Je nach gewähltem Implantat hat sie den großen Vorteil, dass es sich um keinen irreversiblen Eingriff handelt, wenn man das Implantat auch nach längerer Zeit wieder herausnehmen kann.

Einige Patientenstimmen

“Nach einer HWS-Operation hatte ich einen Stimmlippenstillstand rechts. Meine Stimme war weg, nur flüstern war noch möglich. Als Lehrerin, die immer gern und viel geredet hat, war für mich eine Welt zusammengebrochen.”

Lesenswerte Artikel

Mehr Informationen zum Thema Rekurrensparese finden Sie in diesen Fachartikeln:

HNO-NACHRICHTEN 2023; 52 (2):Diagnostik und Therapie der einseitigen Rekurrensparesevon Markus Hess,  Susanne Fleischer.

HNO-NACHRICHTEN 2020; 50 (3):Therapie der einseitigen Rekurrensparesevon Markus Hess,  Susanne Fleischer.

HNO-NACHRICHTEN2016; 46 (2): “Durch Augmentation wieder gut bei Stimmevon Markus Hess,  Susanne Fleischer.

Rekurrensparese

Der Kehlkopfnerv wird Nervus recurrens (=N. recurrens) genannt, tritt paarig auf und versorgt die inneren Muskeln des Kehlkopfes und damit auch die beiden Stimmbänder. Er tritt als Teil des N. vagus (=10. Hirnnerv) aus dem Gehirn aus, verläuft rechts und links an der Halsschlagader bis in den Brustraum und nach einer Schlingenbildung um große Blutgefäße im Brustkorb nach oben zurück in den Hals bis zum Kehlkopf (recurrens: „zurücklaufen“).

Mögliche Ursachen für eine Rekurrensparese sind Schädigungen, die im gesamten Verlauf des N. recurrens auftreten können, beispielsweise durch Operationen in diesem Bereich, also an Schilddrüse, Halsschlagader, Halswirbelsäule, Herz, Lunge u.a. oder durch eine Raumforderung wie beispielsweise Tumore, Lymphknotenvergrößerungen, aber auch Metastasen u.v.a. Ist keine Ursache bekannt, so wird routinemäßig eine Bildgebung (CT oder Kernspin=MRT) zum Ausschluss einer Raumforderung im Verlauf des N. vagus und des N. recurrens empfohlen – also vom Austritt des N. vagus aus der Schädelbasis und vom Hals bis zum oberen Brustraum.

Lässt sich auch dadurch keine Ursache nachweisen, spricht man im allgemeinen von einer „idiopathischen Rekurrensparese“. In vielen Fällen einer spontanen Rekurrensparese findet man keine Ursache.

Alle diese Symptome einer einseitigen Rekurrensparese können mit einer „Unterfütterung“ der gelähmten Stimmlippe in der Regel gut behandelt werden.

Eine durch eine Nervenschädigung verursachte Bewegungsstörung der Stimmlippe findet man auch bei der Vagusparese. Eine Vagusparese zeigt ein ähnliches Bild wie die Rekurrensparese, bei ihr ist aber die Stimme häufig noch stärker gestört, da die gelähmte Stimmlippe oft noch weiter seitlich steht.

Eine Bewegungsstörung eines Stimmbandes kann außerdem durch Veränderungen des Stellknorpel-Gelenkes im Kehlkopf bedingt sein, beispielsweise durch Verletzungen durch einen Beatmungsschlauch bei einer Vollnarkose – dies ist allerdings nach unserer Ansicht extrem selten. Als weitere (seltene) Differentialdiagnose ist an eine angeborene oder unfallbedingte Asymmetrie des Kehlkopfes zu denken, bei der die Stimmlippen eine zwangsläufig unterschiedlich starke Auslenkung der Bewegungen zeigen und somit auch ohne Lähmung eine ähnlich gestörte Stimmgebung hervorrufen.

In den letzten Jahren nach Tausenden von Endoskopien hat sich uns gezeigt, dass bei einer Untersuchung mit hochprofessionellen Techniken sehr häufig eine einseitige Teilbewegungsstörung zu finden ist. Dies ist eine Bewegungsstörung, die sich nicht als eine vollständige Lähmung zeigt, aber gegenüber der normalen Beweglichkeit doch Einschränkungen im Sinne einer Minderbeweglichkeit aufweist. Teilbewegungsstörungen können z.B. als Restzustand nach einer Lähmung lange Zeit bestehen bleiben. Um die Bewegungsstörung der Stimmbänder präzise beurteilen zu können, ist eine differenzierte Diagnostik inklusive Videoendoskopie, PC-basierter Stimmdiagnostik, ggf. mit Kehlkopf-EMG (Elektromyographie) und einer gezielten Funktionsdiagnostik von Atmung, Schluckablauf und Stimmgebung erforderlich.

Eine einseitige Rekurrensparese äußert sich typischerweise in einer leisen, verhauchten, heiseren Stimmgebung und die Diagnose kann oft schon durch den ersten Höreindruck vermutet werden. Können Stimmgesunde einen Dauerton leicht 15 Sekunden lang auf einem Atemzug singen, gelingt dies bei Rekurrensparese nur bei sehr guter Kompensation.

Bestätigt wird die Diagnose einer einseitigen Rekurrensparese durch die Kehlkopfspiegelung (=Laryngoskopie), bei der sich eine Minderbeweglichkeit oder ein kompletter Stillstand einer Stimmlippe zeigt. Besonders deutlich ist dies bei Aufnahme der Stimmlippen mit flexiblen hochauflösenden HD-chip-on-the-tip-Endoskopen zu sehen. In manchen Fällen ist die Bewegungsstörung kaum zu erkennen und es ist nur eine verminderte Verschlusskraft der Stimmlippe bei der Bewegung zur Mitte oder ein Niveauunterschied der Stimmlippen zu erahnen (Niveauunterschied: beide Stimmlippen treffen nicht genau, sondern höhenversetzt aufeinander). Hilfreich bei der Untersuchung ist die Stroboskopie, mit der sich darstellen lässt, dass die Stimmlippen bei Stimmgebung nicht vollständig oder nur sehr kurz zusammenkommen und ein Spalt zwischen den Stimmlippen bleibt. Wichtig ist außerdem eine differenzierte Stimmdiagnostik mit Elektroglottogramm (EGG), Stimmfeldmessung, PC-gestützter Stimmschallanalyse und Schallspektrographie.

Ggf. kann auch mit einer differenzierten Elektromyographie (EMG) der einzelnen Kehlkopfmuskeln eine genauere Aussage über den Grad der Schädigung und die Prognose getroffen werden.

Schluckstörungen mit Verschlucken und Husten, die im Rahmen einer Lähmung durchaus nicht selten auftreten, werden bei uns gezielt mit der Videoendoskopie nach der FEES-Methode (flexible endoscopic examination of swallowing) untersucht.

Bei vielen Patienten mit einer einseitigen Rekurrensparese erholt sich der Nerv und die Stimmlippe bewegt sich dann wieder. Die Zeitspanne, innerhalb derer ein Wiedereintreten der Funktion am häufigsten ist, beträgt ca. 6 Monate. In den meisten Fällen kommt es zu einer kompletten Normalisierung. Manchmal bleibt jedoch eine dauerhafte Minderbeweglichkeit unterschiedlicher Ausprägung. Entsprechend dieser Prognose werden Operationen, die zu einer dauerhaften, nicht-reversiblen Mittenverlagerung der gelähmten Stimmlippe führen, üblicherweise erst nach 6-12 Monaten empfohlen. Andererseits weiß man heutzutage, dass die Langzeitergebnisse bezüglich der Stimmqualität nach einer frühen Unterfütterung mit resorbierbaren (auflösbaren) Implantaten, die nur vorübergehend wirken, besser sind – dazu mehr unter Therapie.

Bei einer Stimmlippenlähmung mit Heiserkeit oder frühzeitiger Stimmermüdung ist in der Regel eine Stimmtherapie zu empfehlen – und bei Vorliegen einer Schluckstörung zusätzlich eine Schlucktherapie. Ist die Lähmung (=Parese) neu aufgetreten, ist die Therapie möglichst bald einzuleiten. Sehr oft können damit gute Erfolge erreicht werden. Wenn keine Stimmtherapie durchgeführt wurde, ist jedoch nicht mit einem dauerhaften Schaden zu rechnen. Am allerwichtigsten ist es, die Stimme zu benutzen, ohne den Kehlkopf zu überanstrengen. Und hierbei hilft eine professionell geleitete logopädische Stimmtherapie meist schneller als Eigenübungen. Unabhängig von der Stimmübungstherapie kommt es bei mehr als 80 Prozent der Patienten zu einer Erholung des Nerven mit einer Wiederkehr der Funktion.

Bei einer Rekurrensparese kann zu jedem Zeitpunkt unterstützend mit der Elektrostimulation (sog. NMES=neuromuskuläre Elektrostimulation) die gelähmte Kehlkopfmuskulatur angeregt und bewegt werden, um einer lähmungsbedingten Muskelerschlaffung entgegenzuwirken. Hierfür arbeiten wir mit Reizstrom, der über Oberflächenelektroden außen am Hals gegeben wird und zusammen mit gezielten Stimmübungen die Kehlkopfmuskulatur stärkt.

Bei anhaltender Beeinträchtigung durch die Stimmveränderung kann über die Indikation zu einer operativen Stimmverbesserung entschieden werden. Wie sehr eine Stimmstörung den Patienten in seinem Alltag beeinträchtigt, kann mit Hilfe verschiedener Fragebögen eingeschätzt werden. Ein weltweit eingesetzter Fragebogen hierfür ist der VHI (Voice Handicap Index). Ein VHI-Score größer 20 weist auf einen erhöhten Leidensdruck hin.

Die Indikation zur operativen Stimmverbesserung kann gestellt werden, wenn eine logopädische Therapie und eine Therapie mit Elektrostimulation nicht zur ausreichenden Stimmverbesserung führen. Leidet der Patient sehr unter der Stimmstörung (s. VHI, über 20 Punkte), so kann auch schon sehr frühzeitig eine operative Stimmverbesserung mit einem resorbierbaren Implantat vorgenommen werden – also noch während der Zeit, in der man auf eine spontane Erholung des N. recurrens hofft.

Für die operative Stimmverbesserung kommen verschiedene Operationstechniken in örtlicher Betäubung oder in Vollnarkose in Frage, mit denen die gelähmte Stimmlippe vorübergehend mit einem resorbierbaren Implantat oder dauerhaft (permanent) zur Mitte verlagert wird. Viele Patienten beschreiben danach auch eine Verbesserung der Atmung, obwohl der Platz zwischen den Stimmlippen (die Glottisweite) etwas verschmälert wird.

Eine dauerhafte Stimmlippen-Medialisierung kann durch eine Operation am Hals von außen erfolgen. Hierzu wird über einen etwa 4–5 cm langen Hautschnitt der vordere Anteil des Kehlkopfes freigelegt und dort eine Öffnung („Fenster“) auf der Höhe der gelähmten Stimmlippe angelegt. In diese Öffnung wird ein Implantat eingesetzt und die Stimmlippe zur Mitte gedrückt. Die Operation kann in Narkose oder in örtlicher Betäubung erfolgen. Es stehen verschiedene Implantate zur Verfügung.

Manche Operateure wählen körpereigenen Knorpel oder vorgefertigte Implantate (z.B. ein vorgefertigtes Implantat nach Montgomery oder die Titanspange nach Friedrich). Wir verwenden am häufigsten intraoperativ angefertigte, individuell „maßgeschneiderte“ Silikonkeile oder auch GoreTex-Streifen, und haben mit beiden Verfahren nach Hunderten von Thyreoplastiken beste Erfahrungen gemacht. Durch eine präoperative, von uns entwickelte Voruntersuchung mit DVT („digital volume tomography“ – sog. Mini-CT) können wir bereits vor der Operation die „ideale“ Keilform vorausberechnen.

Im Gegensatz zur einseitigen Rekurrensparese steht bei der beidseitigen Rekurrensparese typischerweise der Wunsch des Patienten nach einer Verbesserung seiner Atmung im Vordergrund.

Es kann nicht deutlich genug gesagt werden:
Das Bild einer beidseitigen Parese unterscheidet sich ganz grundlegend von dem einer einseitigen Stimmlippenlähmung.

Bei der Entscheidung zu einer Operation ist es wichtig, dem Patienten zu erklären, dass bei beidseitiger Lähmung für eine gute Atmung die Stimmritze (=Glottis) möglichst weit, für eine gute Stimme jedoch möglichst eng sein muss. Im Normalfall wird dies durch die Bewegung der Stellknorpel („Aryknorpel“) gesteuert. Wenn diese sich lähmungsbedingt nicht bewegen, muss also ein Kompromiss in Form einer optimalen Zwischenstellung der Stimmlippen gefunden werden, in der beide Funktionen (Atmung und Stimmgebung) ausreichend ausgeführt werden können. Dabei ist eine ausreichende Atmung naturgemäß vorrangig. Eine Operation zur Verbesserung der Atmung bei beidseitiger Stimmlippenlähmung führt oft zu einer Verschlechterung der Stimmfunktion. Mit einer speziellen OP-Technik der partiellen Arytenoidektomie kann jedoch die Stimmfunktion weitgehend erhalten werden und gleichzeitig die Atmung signifikant verbessert werden.

Leidet ein Patient mit einer neu aufgetretenen beidseitigen Stimmlippenlähmung und der Möglichkeit des Wiedereintretens der Nervenfunktion unter Atemnot, so wurde früher – abhängig von der Einschränkung der Atmung – meist ein vorübergehender Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) empfohlen. Es sind auch Maßnahmen eingeführt worden, mit denen in einigen Fällen eine zeitweise Erweiterung der Stimmritze erreicht werden kann, z.B. durch die Injektion  in die Stimmlippen oder durch die sogenannte Lateralisation (Stimmlippe-Seitenverlagerung) nach Lichtenberger, bei der mit zwei Fäden eine oder beide Stimmlippen vorübergehend zur Seite gezogen werden. Ist nicht mehr mit einer Erholung der Nervenfunktion zu rechnen, kann die Glottis (Stimmritze) chirurgisch erweitert werden (in Vollnarkose und meist mit einem CO2-Laser), wobei es sich dabei um einen nicht-reversiblen Eingriff handelt. Eine andere Möglichkeit ist der dauerhafte Luftröhrenschnitt mit Sprechkanüle, was aber die allermeisten Patienten nicht möchten.

Anamnese
Nach einer Schilddrüsenoperation vor 6 Monaten wegen einer gutartigen Veränderung der Schilddrüse hat sich die Stimme des 48 jährigen Herrn L. stark verändert. Er kann nur noch leise sprechen und auch das Husten ist ohne Kraft. Nach der Operation hatte Herr L. vorübergehend Schluckprobleme beim Trinken und verschluckte sich häufig. Bleibendes Problem ist die Stimmstörung, die für ihn die Ausübung seines Berufes als Pfarrer nahezu unmöglich macht. Weder die gleich nach der Operation erfolgte logopädische Therapie, noch die Therapie mit Elektrostimulation, noch der Einsatz von elektronischer Verstärkungstechnik führten zu einer ausreichenden Verbesserung der stimmlichen Leistungsfähigkeit.

Befunde
Der Stimmklang ist leise und verhaucht. Mit der Videolaryngoskopie stellt sich ein Stimmlippenstillstand links dar. Auch mit der Stroboskopie zeigt sich, dass die Stimmlippen bei Stimmgebung nicht vollständig zusammenkommen und ein Spalt zwischen den Stimmlippen bleibt.

Empfehlung und Verlauf
Es wird eine Operation zur Stimmverbesserung empfohlen: In ambulanter Kurznarkose wird eine Substanz in die gelähmte Stimmlippe gespritzt (Stimmlippen-Unterfütterung, Augmentation). Dadurch wird die gelähmte Stimmlippe zur Mitte verlagert und der Kontakt der Stimmlippen bei Stimmgebung verbessert. Anschließend ist eine laute, kräftige Stimmgebung möglich und Herr L. kann mit seiner “alten” Stimme seinem Beruf wieder ohne wesentliche Einschränkungen nachgehen.

Erläuterung
Bei einer Stimmlippenlähmung durch eine Schädigung des N. recurrens (“Rekurrensparese“) besteht zunächst die Hoffnung, dass sich der Nerv erholt und die Stimmlippen sich wieder normal bewegen können. Nach 6-12 Monaten sind die Aussichten auf eine spontane Verbesserung sehr gering. Wenn eine logopädische Therapie und eine Therapie mit Elektrostimulation nicht zur ausreichenden Stimmverbesserung führen, kann eine operative Behandlung empfohlen werden. Hier kommen verschiedene Operationstechniken in örtlicher Betäubung oder in Vollnarkose in Frage mit einer vorübergehenden oder einer dauerhaften Verlagerung der gelähmten Stimmlippe zur Mitte.