Kontaktgranulom

Stimmbandgranulom, Stimmlippengranulom

Kontaktgranulom- Was ist das?

Ein Kontaktgranulom am Stimmband (manchmal auch Kontaktulkus, Stimmbandgranulom oder Stimmlippengranulom genannt) ist eine Veränderung im hinteren, knorpeligen Anteil der Stimmlippe (Processus vocalis), die einseitig oder beidseitig und in unterschiedlicher Form auftreten kann.

Symptome Kontaktgranulom

Der Stimmklang ist meist nur wenig verändert. Weitaus am häufigsten betroffen sind Männer. Manche Menschen mit Kontaktgranulomen haben keinerlei Symptome und entdecken erst bei einer Untersuchung, dass sie ein Granulom haben. Andere bemerken ein stechendes oder stechendes Gefühl oder haben ein unbestimmtes Unbehagen im Bereich des Halses, das nach oben zum Kieferwinkel ausstrahlt. Gelegentlich kann es zu einem „Hängenbleiben“ in der Stimme kommen, so dass es eine Sekunde dauert, bis man wieder klar sprechen kann. Wie der Name andeutet, entsteht es bei einem erhöhten Kontaktdruck und ist genau genommen eine normale Reaktion des Körpers auf eine zu hohe Druckbelastung für ein umschriebenes Areal – es folgt die Bildung von schützendem Gewebe.

Kontaktgranulom
Contact granuloma
Bericht eines Kontaktgranulom-Patientenim Video

Woher kommt das Kontaktgranulom?

Als Ursachen kann eine ungünstige Stimmtechnik mit zu tiefer Sprechstimmlage und harten Stimmeinsätzen angesehen werden. Ein verstärkter Kontaktdruck kann bei ungünstiger Stimmtechnik, besonders bei zu tiefer Sprechstimmlage, harten Stimmeinsätzen und ständigem Räuspern auftreten. Auch ein Volumenmangel der Stimmlippen oder ein Sulcus vocalis mit einer Schlussinsuffizienz im ligamentären Stimmlippenanteil und kompensatorisch vermehrtem Zusammenpressen der Aryknorpel an den Processus vocales sind als Risikofaktoren anzusehen.

Eine häufige Verletzung, die zu einem Kontaktgranulom führen kann, ist die Verletzung durch einen Trachealtubus bei einer Vollnarkose, da der eingeführte Tubus gegen die hinteren Enden der Stimmbänder drückt und reibt. Eine weitere mögliche Verletzungsquelle ist chronischer, aggressiver Husten oder Räuspern. Manche glauben auch, dass eine Reizung durch sauren Reflux zu einem Kontaktgranulom führen kann. Nachweisen lässt es sich im Nachhinein nicht. Ebenso kann unzureichend bewältigter Stress ein Kontaktgranulom entstehen lassen. (Mans et al. 1993; Storck et al. 2009). In vielen Fällen gibt es keine offensichtliche Ursache für die ursprüngliche Verletzung.

Behandlung des Kontaktgranuloms

Das Kontaktgranulom zeichnet sich vor allem durch seine Therapieresistenz und die überaus große Rezidiv-Freudigkeit aus. Wird das Kontaktgranulom operativ entfernt, ohne dass etwas an den Ursachen geändert wird, ist die Gefahr eines Rezidivs sehr groß. Die Beratung des Patienten bezüglich der möglichen Ursachen eines Kontaktgranuloms sowie ggf. des Vermeidens von Pressen z.B. bei sportlicher Betätigung ist sicherlich eine erste wichtige Maßnahme. Anstatt zu pressen und die Luft anzuhalten gewährleistet die durchgehende, nicht unterbrochene Atmung, dass ein fester Glottisschluss vermieden wird. Weitere konservative Therapiemaßnahmen sind eine Stimmtherapie sowie die Refluxbehandlung. Trotz aller solcher Maßnahmen kann ein Kontaktgranulom sehr therapieresistent sein bzw. immer wieder rezidivieren. Eine erste Operation wird oft zur Sicherung der Histologie und zum Ausschluss einer bösartigen Veränderung empfohlen.

Bei Frauen sind Kontaktgranulome seltener zu finden. Dagegen treten bei ihnen häufiger Intubationsgranulome auf – dies sind nach einer Vollnarkose mit Intubation auftretende Verdickungen ebenfalls am Processus vocalis, die einem Kontaktgranulom sehr ähneln. Hier spielt vermutlich der bei Frauen sehr viel kleinere Kehlkopf eine Rolle, der bei relativ größerem Durchmesser der routinemäßig gewählten Endotrachealtuben dann einem größeren Druck durch den Tubus während einer Narkose ausgesetzt ist.

Operative Maßnahmen und histologische Sicherung

Für eine Operation gibt es verschiedene Indikationen. Eine histologische Abklärung ist erforderlich, wenn die Befunde nicht typisch für ein Kontaktgranulom sind. Auch wenn der Patient dies bezüglich beunruhigt ist, kann die Indikation großzügig gestellt werden. Eine weitere Indikation sind gestielte Granulome mit dünnem Stiel und dem Risiko des Abreißens mit Aspiration. Bei sehr großen Granulomen haben wir die Erfahrung gemacht, dass eine schonende operative Verkleinerung den Verlauf der Rückbildung sehr beschleunigen kann.

Die am häufigsten angewendete Operationstechnik ist die phonomikrochirurgische Abtragung mit der direkten Mikrolaryngoskopie in Vollnarkose. Diese kann mit Laser oder mit einer Monopolarkaustik (Radiofrequenz-Kaustik) erfolgen mit geringer Energie und unter Schonung des Knorpels, der dabei nicht freigelegt werden sollte. Bei der Abtragung am Stiel ist sehr genau darauf zu achten, dass der Knorpel von vitaler Schleimhaut bedeckt bleibt. Um den Tubusdruck auf die Processus vocales zu vermeiden, kann eine Jet-Narkose gewählt werden. Andernfalls sollte der Endotrachealtubus möglichst klein sein (bei Männern Größe 5,5), um das Operieren im posterioren Larynx zu erleichtern. Empfehlenswert ist außerdem eine lokale Kortisoninjektion zur Minderung lokaler entzündlicher Reaktionen.

Bei hartnäckig rezidivierenden Kontaktgranulomen kann die Injektion von Botulinumtoxin in den M. cricoarytenoideus lateralis diskutiert werden, um postoperativ vorübergehend den Kontaktdruck zwischen den Processus vocales zu vermindern. Der Nachteil dieser Methode ist die damit einhergehende vorübergehende, aber oft ausgeprägte Stimmverschlechterung. Bei einem Volumenmangel der Stimmlippen ist ggf. eine Augmentation zu empfehlen, damit das für die Stimmgebung eingeübte kompensatorische interarytaenoidale Pressen nicht mehr erforderlich ist.

Gute Erfahrungen haben wir mit der Verkleinerung des Granuloms (ggf. mit einer Probeexzision) in Lokalanästhesie mit einem fasergeführten Laser (Diodenlaser, KTP-Laser oder blauer Laser) gemacht. Der Eingriff kann transoral oder transnasal als „Office-based surgery“ erfolgen und auch mit einer lokalen Kortisoninjektion kombiniert werden. Insbesondere bei schlechter Einstellbarkeit des Kehlkopfes unter Mikrolaryngoskopie oder eingeschränkter Narkosefähigkeit ist das eine gute Alternative (s. HNO-NACHRICHTEN 2016; 46 (3): Phonochirurgie, Teil 1).

Fallbeispiel

Anamnese
Der 50-jährige Herr M. ist Polizist. Er bemerkt schon seit einigen Jahren ein Fremdkörpergefühl und das Gefühl der Stimmanstrengung und Verspannung im Hals besonders nach längerer Stimmbelastung. Seit einigen Jahren leidet er auch unter Sodbrennen und einer nächtlichen schlafbezogenen Atemstörung mit Schnarchen und Atemaussetzern. Er ist Nichtraucher, macht sich aber trotzdem Sorgen, ob er Kehlkopfkrebs haben könnte.
Befunde
Der Stimmklang ist resonant, etwas “knödelnd”, die mittlere Sprechstimmlage ist deutlich tiefer als normal. Die Videolaryngoskopie zeigt im hinteren Anteil der linken Stimmlippe im Bereich des knorpeligen Anteils eine Verdickung, die das typische Aussehen eines Kontaktgranuloms hat. An der gegenüberliegenden Seite ist ebenfalls eine leichte Verdickung zu sehen. Der vordere, schwingende Bereich der Stimmlippen ist glatt und reizlos und die Stroboskopie ergibt einen unauffälligen Befund. Im hinteren Kehlkopfanteil finden sich außerdem Anzeichen eines Magensäurereflux.

Kontaktgranulom Therapie
Es wird eine medikamentöse Therapie mit Magensäure-Blockern (Protonen-Pumpen-Inhibitoren) über 2 Monate empfohlen mit anschließender Kontrolle-Endoskopie sowie eine Vorstellung im Schlaflabor. Bei der Untersuchung im Schlaflabor zeigen sich keine schwerwiegenden Auffälligkeiten, es wird jedoch eine Gewichtsreduktion empfohlen. Da Herr M. auch unter der Stimmanstrengung leidet, wird zusätzlich eine logopädische Therapie eingeleitet. Bei der Kontrolle nach 2 Monaten berichtet er, dass sich das Sodbrennen und das Gefühl der Verspannung im Hals deutlich gebessert haben. Seine Stimme klingt weniger knödelnd, und die mittlere Sprechstimmlage ist fast normal. Der laryngoskopische Befund zeigt eine Verkleinerung des Kontaktgranuloms. Es werden die Fortführung der Therapie sowie eine erneute Kontrolle empfohlen.