Psychogene Stimmstörungen

Psychogene Dysphonie

Psychogene Stimmstörungen – Was sind das für Probleme?

Die Psyche ist eng mit der Stimme vernetzt. Wie jemand sich fühlt, hören andere an dem Klang der Stimme. Nerven und Muskeln reagieren auf seelische Vorgänge. Psychisch bedingte Stimmstörungen treten oft unvermittelt auf, ohne dass die Betroffenen ihre Stimme übermäßig strapaziert haben. Psychogene Aphonien oder Dysphonien führen zu einem völligen Versagen oder einer starken Einschränkung der Sprechstimmfunktion.
Bei vielen Stimmstörungen spielen die Besonderheiten und Befindlichkeiten des Betroffenen und damit die Wechselbeziehungen zwischen Persönlichkeit und Stimme eine Rolle. In sehr ausgeprägten Fällen spricht man von einer Psychogenen Stimmstörung (Dysphonie). Hauptmerkmal dieser Stimmstörungen ist eine nicht mehr leistungsfähige Stimme.

Psychogene Stimmstörungen (psychogene Dysphonie/Aphonie)

Psychogene Stimmstörungen sind Stimmprobleme ohne organische oder neurologische Schädigung, bei denen psychische Faktoren maßgeblich zur Störung der Sprechstimme beitragen. Die Stimme ist behaucht, gepresst oder fällt ganz aus (Aphonie) – die Beeinflussbarkeit ist anfangs meist nicht willentlich. AWMF Leitlinienregister
Sie sind selten und werden von Fachgesellschaften neben organischen und funktionellen Störungen als eigene Gruppe geführt. asha.org

Symptome – wie äußert sich das?

Typisch sind: plötzlich einsetzende Heiserkeit bis Flüstern/Aphonie, Kloß-/Engegefühl, Räusperzwang, schneller Stimmabbruch; oft bestehen Belastungen oder Stress. Auffällig: Tönender Husten oder Lachen sind weiter möglich, obwohl das Sprechen „nur“ gehaucht gelingt; manchmal ist Singen besser als Sprechen.

Häufige Auslöser/Trigger

Psychische Belastungen, Stress/Überforderung, Konflikte (privat/beruflich) oder unverarbeitete Ereignisse; bei psychogener Dysphonie können Fehlspannungen am Kehlkopf mitbeteiligt sein. Nicht selten wirken mehrere Faktoren zusammen. AWMF LeitlinienregisterPubMed

Diagnostik – zuerst ausschließen, dann einordnen

1) Kehlkopfspiegelung (Videoendoskopie, idealerweise mit Stroboskopie): Meist kein Entzündungs- oder Struktur­befund, Beweglichkeit regelhaft erhalten; gelegentlich temporär inkompletter Schluss durch Fehlspannung.
2) Stimmliche Prüfung: Hinweisend ist die Diskrepanz „aphones Sprechen“ bei gleichzeitig tönendem Husten.
3) Palpation: Anspannungen der Hals-/Schultergürtelmuskulatur sind häufig.
4) Psychodiagnostik: Gezielte Erhebung psychosozialer Faktoren; ggf. Einbindung Psychotherapie/Psychosomatik.

Wichtig: Vor der Diagnose müssen organische (z. B. Lähmung, Läsionen) und andere funktionelle Störungen (z. B. Muskelspannung-Dysphonie) sicher abgegrenzt werden. AWMF LeitlinienregisterNCBI

Behandlung – kombiniert und zeitnah

Empfehlung der Leitlinie: Stimmtherapie plus psychotherapeutische Elemente kombinieren. AWMF Leitlinienregister

Stimmtherapie (sofort beginnen):
Sanfter Stimmeinsatz, Atem-/Resonanzübungen (z. B. SOVTE), Reduktion von Pressmustern, Haltungs-/Wahrnehmungsarbeit; häufig rasche Anfangseffekte möglich.

Psychotherapie/Psychosomatik:
Bearbeitung von Stressoren, Konflikten und Bewältigungsmustern (z. B. kognitiv-verhaltensorientiert); bei Konversionssymptomatik ist die Kombination mit Stimmtherapie entscheidend.

Prognose:
Die Aussichten sind gut: In Verlaufsstudien bessern sich ≈ 70 % deutlich oder erholen sich vollständig – besonders bei früher, kombinierten Therapieansätzen. Rezidive sind möglich, wenn Auslöser fortbestehen. ScienceDirect