Spasmodische Dysphonie

Den „Sprechkrampf“ erfolgreich behandeln

Spasmodische Dysphonie – was ist das?

Die Spasmodische Dysphonie (auch Sprechkrampf) genannt, ist eine neurologische Erkrankung und gehört zu den fokalen Muskeldystonien. Beim Sprechen kommt es zu einer krampfartigen Anspannung der Muskeln, die an der Stimmgebung beteiligt sind. Dies führt zu einer ganz typischen Veränderung des Stimmklanges. Die spasmodische Dysphonie ist eine fokale Dystonie, also eine Erkrankung der zentralen
motorischen Steuerung, die sich in muskulären Verkrampfungen bei gezielten komplexen Bewegungen äußert (Blitzer et al. 1998; Ludlow 2009; Murry 2014). Die spasmodische Dysphonie tritt in drei Formen, dem Adduktor-Typ (90%) und dem Abduktor-Typ (<10%), bisweilen auch in einer gemischten Form auf.

Als Ursache wird eine Störung der Regulation der unbewussten Motorik im zentralen Nervensystem angesehen. Diese führt dazu, dass die Nerven, die die Stimmlippenbewegungen steuern, zu stark erregt werden und die entsprechende Muskelbewegung mit zu großer Kraft erfolgt. Es können die Nerven und Muskeln betroffen sein, die den Stimmlippenschluss (sog. Adduktor-Typ) herbeiführen oder die Nerven und Muskeln, die die Stimmlippenöffnung (sog. Abduktor-Typ) herbeiführen. Die Unterscheidung zwischen den beiden Typen erfolgt durch die Beurteilung des Stimmklanges. Außerdem gibt es auch Mischformen vom Adduktor-Abduktor-Typ.

Beim Adduktor-Typ, dem häufigsten Typ, klingt die Stimme durch die zu starke und immer wieder einschießende Adduktion (Schließungsbewegung) der Stimmlippen sehr stark gepresst, gequält, stöhnend, ächzend, angespannt und gequetscht; Auffallend ist der knarrende Stimmeinsatz.

Beim Abduktor-Typ hingegen eher abgehackt und behaucht bis aphon, da die Stimmgebung durch immer wieder einschießende Abduktionsbewegungen (Öffnungsbewegung) unterbrochen wird. Früher wurde diese Erkrankung als psychogene Stimmstörung verkannt, und auch heute vergehen bei vielen Patienten Jahre, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Eine Stimmtherapie bringt nach unserer Erfahrung meistens keine ausreichende Besserung.

Im Video: Patienten berichten über die Behandlung

Der Eingriff in lokaler Betäubung

Diese Stimmstörung kann als symptomatische, stimmverbessernde Therapie mit der wiederholten Injektion von Botulinumtoxinin die betroffenen Kehlkopfmuskeln sehr gut behandelt werden.
Bei der Injektion in die zu stark arbeitenden schließenden bzw. öffnenden Muskeln wird deren Kraft vorübergehend vermindert wie bei einer Lähmung. Dieser Effekt ist nur vorübergehend und die Injektion muss nach Abklingen der Wirkung, meist in Abständen von mehreren Monaten, wiederholt werden.

Lesen Sie, wie Hans R. aus Schleswig-Holstein diese Therapie empfunden hat.
Auch Gertrud S. aus der Pfalz schreibt dazu …

Therapie der Spasmodischen Dysphonie

Diese Behandlung ist im Ausland seit Jahrzehnten etabliert und in Deutschland seit März 2013 zugelassen – d.h., dass auch die gesetzlichen Krankenkassen für ihre Patienten die Kosten dafür übernehmen.
Die Injektion kann entweder von außen durch die Haut (perkutan) unter EMG-Kontrolle oder unter transnasal flexibel-endoskopischer Kontrolle oder indirekt durch den Mund (transoral) unter Sicht mit einer gebogenen Nadel erfolgen. Seltener wird die Injektion in Narkose vorgenommen. Nach der Injektion ist der entsprechende, vorher überschießend aktive Muskel geschwächt und der Stimmklang weniger gepresst, vorübergehend sogar stark verhaucht wie bei einer Parese. Eine häufige Nebenwirkung dieser Behandlung ist eine Schluckstörung mit Verschlucken.
Wir haben in den letzten Jahren sehr gute Erfahrungen mit einer Injektion nicht in die Stimmlippen, sondern in die Taschenfalten gemacht. Dabei kommt es zu weniger Nebenwirkungen als bei der Injektion in die Stimmlippen.

Fallbeispiel

Anamnese
Die 54 jährige Frau R. arbeitet seit 20 Jahren in einer Kanzlei als Notarin. Seit mehreren Monaten strengt längeres Sprechen sie sehr an, sie hat dabei das Gefühl als ob ihr jemand den Hals zuschnüre, und die Stimme klingt stark gepresst, stockend und angestrengt. Besonders beim Vorlesen von Verträgen ist dies extrem belastend.
Befunde
Bei der Untersuchung ist der Stimmklang sehr gepresst, der Sprechfluss stockend. Die Lautstärkesteigerung ist sehr eingeschränkt. Mit der Videolaryngoskopie stellt sich ein unauffälliger morphologischer Kehlkopfbefund dar. Die Stroboskopie ist kaum möglich wegen des starken Pressens bei der Stimmgebung.

Empfehlung und Verlauf
Aufgrund des dafür typischen Stimmklanges wird die Diagnose einer spasmodischen Dysphonie gestellt und eine Behandlung mit BTX Injektionen empfohlen. Es erfolgt eine Injektion in die Stimmlippen von außen im Liegen mit Kontrolle durch ein EMG. 2 Tage nach der Injektion merkt Frau R. dass die Stimme leichter anspricht und dann für einige Tage verhaucht klingt. In den ersten Tagen nach der Injektion verschluckt sie sich auch gelegentlich. In den folgenden Wochen kann sie ohne die zuvor bestehende Anstrengung sprechen bis dann nach etwa 3 Monaten die Stimme wieder zunehmend gepresst klingt und die Stimmanstrengung wieder zunimmt. Nach einer erneuten Injektion verbessern sich die Stimmbeschwerden wieder.