Spasmodische Dysphonie

Den „Sprechkrampf“ erfolgreich behandeln

Spasmodische Dysphonie – was ist das?

Die spasmodische Dysphonie (auch „Sprechkrampf“) ist eine neurologisch bedingte Stimmstörung und gehört zu den fokalen Dystonien. Beim Sprechen kommt es zu krampfartigen Fehlaktivitäten der an der Stimmgebung beteiligten Muskeln. Das führt zu einer typischen Veränderung des Stimmklangs. Es handelt sich um eine Störung der zentralen motorischen Steuerung, die gezielte Sprechbewegungen durch Verkrampfungen beeinträchtigt.
Es gibt zwei Hauptformen: den Adduktor-Typ (ca. 90 %) und den Abduktor-Typ (unter 10 %); Mischformen sind möglich.

Als Ursache gilt eine Fehlregulation der unwillkürlichen Motorik im zentralen Nervensystem. Dadurch werden Nervenimpulse zur Steuerung der Stimmlippen übersteigert, sodass Schließ- (Adduktoren) oder Öffnungsmuskeln (Abduktoren) zu stark reagieren. Die Einteilung in Adduktor- bzw. Abduktor-Typ erfolgt vor allem anhand des Stimmklangs.

Symptome

Adduktor-Typ: Die Stimme klingt gepresst, angespannt, gequält, teils knarrend beim Stimmeinsatz – ausgelöst durch einschießende Schließbewegungen der Stimmlippen.
Abduktor-Typ: Die Stimme wirkt abgehackt und behaucht, bisweilen zeitweise tonlos (aphon), da Öffnungsbewegungen die Stimmgebung unterbrechen.

Früher wurde die Störung häufig fälschlich als psychogen eingestuft; bis zur richtigen Diagnose vergeht nicht selten viel Zeit. Alleinige Stimmtherapie führt nach Erfahrung meist nicht zu ausreichender Besserung.

Im Video: Patient:innen berichten über die Behandlung

Lesen Sie, wie Hans R. aus Schleswig-Holstein diese Therapie erlebt hat.
Auch Gertrud S. aus der Pfalz schreibt dazu …

Behandlung (lokale Betäubung)

Als wirksamste symptomatische Therapie gilt die gezielte Injektion von Botulinumtoxin in die betroffenen Kehlkopfmuskeln. Die Wirkung ist vorübergehend, daher müssen Injektionen in Abständen von mehreren Monaten wiederholt werden.

Nach der Injektion sind die zuvor überaktiven Muskeln vorübergehend abgeschwächt: Der Stimmklang wirkt weniger gepresst, anfangs oft etwas behaucht. Häufige, meist vorübergehende Nebenwirkung ist leichtes Verschlucken (Schluckstörung).

Der Eingriff in lokaler Betäubung

Therapie der Spasmodischen Dysphonie

Diese Behandlung ist im Ausland seit Jahrzehnten etabliert und in Deutschland seit März 2013 zugelassengesetzliche Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten.
Die Injektion kann perkutan (durch die Haut) unter EMG-Kontrolle, transnasal unter flexibler Endoskopie oder transoral (durch den Mund) unter Sicht erfolgen; eine Narkose ist nur selten nötig.

Unsere Erfahrung: Injektionen in die Taschenfalten (anstatt direkt in die Stimmlippen) führen häufig zu vergleichbar guter Wirkung bei tendenziell weniger Nebenwirkungen.

Fallbeispiel

Anamnese
Die 54 jährige Frau R. arbeitet seit 20 Jahren in einer Kanzlei als Notarin. Seit mehreren Monaten strengt längeres Sprechen sie sehr an, sie hat dabei das Gefühl als ob ihr jemand den Hals zuschnüre, und die Stimme klingt stark gepresst, stockend und angestrengt. Besonders beim Vorlesen von Verträgen ist dies extrem belastend.
Befunde
Bei der Untersuchung ist der Stimmklang sehr gepresst, der Sprechfluss stockend. Die Lautstärkesteigerung ist sehr eingeschränkt. Mit der Videolaryngoskopie stellt sich ein unauffälliger morphologischer Kehlkopfbefund dar. Die Stroboskopie ist kaum möglich wegen des starken Pressens bei der Stimmgebung.

Empfehlung und Verlauf
Aufgrund des dafür typischen Stimmklanges wird die Diagnose einer spasmodischen Dysphonie gestellt und eine Behandlung mit BTX Injektionen empfohlen. Es erfolgt eine Injektion in die Stimmlippen von außen im Liegen mit Kontrolle durch ein EMG. 2 Tage nach der Injektion merkt Frau R. dass die Stimme leichter anspricht und dann für einige Tage verhaucht klingt. In den ersten Tagen nach der Injektion verschluckt sie sich auch gelegentlich. In den folgenden Wochen kann sie ohne die zuvor bestehende Anstrengung sprechen bis dann nach etwa 3 Monaten die Stimme wieder zunehmend gepresst klingt und die Stimmanstrengung wieder zunimmt. Nach einer erneuten Injektion verbessern sich die Stimmbeschwerden wieder.